Das Mahn- und Denkmal der Evangelischen Kirchengemeinde Arsten-Habenhausen in Bremen
Friedhelm Arning (Arbeitskreis Asyl der Gemeinde):
Die Zahl der Menschen, die in ihrer Heimat nicht mehr leben können, hat seit einigen Jahren unfassbar zugenommen. Damit häufen sich auch die dramatischen Ereignisse auf den Fluchtrouten. Bis zu 45.000 Flüchtlinge sollen alleine seit 2008 im Mittelmeer ertrunken sein, es sind jedoch noch mehr Opfer zu vermuten. Die Sahara, die viele Menschen auf dem Weg nach Europa durchqueren, hat ca. 20.000 Todesopfer gefordert. Ständig kommen neue hinzu.
Das kann und darf uns nicht gleichgültig lassen. Als eine mögliche Antwort auf die Frage, wie an diese menschliche Katastrophe erinnert werden kann, hat die Gemeindevertretung der Evangelischen Kirchengemeinde Arsten-Habenhausen beschlossen, eine Gedenkstätte für die Menschen zu errichten, die auf der Flucht nach Europa umgekommen sind. Es soll ein Ort für Trauer, Mitgefühl und gegen das Vergessen sein, der als Denk- und Mahnmal dazu verhelfen kann, die Opfer im öffentlichen Bewusstsein zu halten und auch unsere Verantwortung für sie zu reflektieren. Sie trägt folgende Inschrift:
Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen. (Offenbarung 21,4)
Im Gedenken an alle Menschen, die vor Krieg, Not und Verfolgung flohen und auf dem Weg zu uns ihr Leben verloren haben.
Wir hoffen darüber hinaus, dass eine solche Gedenkstätte ein wichtiges Element der Integration sein kann. Flucht ist immer mit Abschied verbunden, vielfach aber mittelbar und unmittelbar eben auch mit Erfahrungen von Tod und Trauer. Verdrängte Trauer aber kann das Einleben in einem neuen Land und einer fremden Kultur erschweren oder gar verhindern. Menschen, die bei uns heimisch werden wollen, benötigen daher auch Orte, die ihrer Trauer Raum geben und an denen sie sie mit anderen teilen können.
Die Gedenkstätte hat bei einem Mahnmal ihren Platz gefunden, das an die Opfer der beiden Weltkriege erinnert. So soll zugleich das traditionelle Totengedenken in eine neue zeitgemäße Dimension hinein geöffnet werden.
Der Beschluss, eine solche Gedenkstätte zu errichten, erfolgte auf Antrag des Arbeitskreises „Asyl“ der Evangelischen Kirchengemeinde Arsten-Habenhausen, der sich seit nunmehr annähernd 30 Jahren kümmern um Flüchtlinge im Stadtteil, in den Erstaufnahmestellen, Übergangswohnheimen und Notunterkünften kümmert. Darüber hinaus unterstützt der Arbeitskreis jugendliche Flüchtlinge bei ihrem schulischen Werdegang, organisiert Themenabende, Seminare und Informationsveranstaltungen zu Flucht und ihren Ursachen und wirkt an themenbezogenen Gottesdiensten der Gemeinde mit.
Eine Arbeitsgruppe der Gemeinde hat die Umsetzung dieses Vorhabens geplant und organisiert. Einen Wettbewerb zur Gestaltung dieses Mahnmals gewann der in Bremen arbeitende und bekannte Künstler Klaus Effern mit einer gewellten Bronzeskulptur, die Assoziationen an die Wogen des Meeres und die Dünen der Wüste weckt, jene Orte also, an denen die meisten Flüchtlinge sterben.
Das Mahnmal wurde am 3. Juni 2018 im Rahmen eines festlichen Gottesdienstes und eines muslimischen Totgengebetes enthüllt. Der Gründer der Menschenrechtsorganisation „Pro Asyl“ Pastor Jürgen Micksch hat in seiner Predigt, darauf hingewiesen, dass „das Gedenken eine langfristige Dimension hat, die ebenso wichtig ist, wie der kurzzeitige Protest“. Hier versuchen die Gedenkstätte und das Buchprojekt „Todesursache Flucht“ dem gleichen Anspruch gerecht zu werden.
Den Initiatoren und der Gemeinde ist bewusst, dass es nicht damit getan ist, diese Gedenkstätte errichtet zu haben. Sie muss den Menschen im Stadtteil, in der Stadt und darüber hinaus, den Einheimischen wie den Flüchtlingen, nahegebracht werden. Dazu werden Veranstaltungen und Angebote um diese Gedenkstätte herum entwickelt und Kontakte zu Einrichtungen, Institutionen, Vereinen und Initiativen aufgenommen wie z.B. dem Buchprojekt „Todesursache Flucht“, um das Vorhaben möglichst breit zu vernetzen. Es wurde u.a. ein Andachtsformat entwickelt, bei dem auch regelmäßig Schicksale aus dem Buch „Todesursache Flucht“ vorgestellt werden und dieser Menschen, stellvertretend für alle anderen, die auf der Flucht umgekommen sind, in besonderer Weise gedacht wird.
Jeweils aktuelle Informationen rund um Gedenkstätte finden sich auf der Homepage der Kirchengemeinde Arsten-.Habenhausen unter: www.st-johannes-online.de/gedenkstein.aspx