Monika Hoenen – Jetzt gilt’s – Rede

Monika Hoenen schloss die Studien Germanistik, Romanistik, Pädagogik, Musikvermittlung/Musikmanagement sowie Konzertpädagogik ab. Sie ist Dozentin für das Fach Deutsch als Zweitsprache, ist Mitbegründerin und Koordinatorin des Helferkreises Flüchtlinge Dinkelsbühl, sie war Asylsozialberaterin im Dekanat Dinkelsbühl und ist Mitglied der Integrationskonferenz Ansbach. Sie arbeitete für Jeunesses Musicales Deutschland, leitete die Jugendsparte beim Kammermusikfestival „Spannungen“, war tätig im Vorstand beim bundesweiten Jugend-Klassik-Projekt „Rhapsody in School“. Sie leitet in Dinkelsbühl den Theater- und Kulturring der Stadt Dinkelsbühl und ist Initiatorin des Jugend-Klassik-Projektes „KLASSIKhautnah. Am 03.10. sprach sie auf der Demonstration Jetzt gilt’s in München vor mehreren zehntausend Menschen. Hier ist ihre Rede:

Ich spreche hier heute für „matteo“. Unser Verein hat sich aus der kirchlichen Flüchtlingshilfe gegründet, die sich überall in Bayern und ganz Deutschland in den vielen Dörfern und Städten gebildet hat – oft in Zusammenarbeit mit überkonfessionellen Initiativen.

Ich gehöre zu den vielen stillen Helfern. Heute erhebe ich aber meine Stimme, weil Pfarrerinnen und Pfarrer in den Kirchengemeinden in Bayern zum ersten Mal in der Geschichte des Kirchenasyls mit Strafanzeigen verfolgt werden. Es darf nicht sein, dass Rettung – egal ob Seenotrettung oder Kirchenasyl – kriminalisiert werden. Kirchenasyl will immer vor Menschenrechtsverletzungen beschützen. Kirchenasyl will also nie Recht unterlaufen, sondern Menschenrechte sichern.

Mit einer Politik der Angst werden hier Bürgerinnen und Bürger eingeschüchtert, die nicht wegschauen, sondern einschreiten, wenn Menschenrechtsverletzungen drohen.

Herr Söder hat in allen Amtsstuben Kreuze aufhängen lassen. Ist das wirklich geschehen, um an christliche Werte zu erinnern? Ging es darum, an den Schutz der Würde jedes Einzelnen zu erinnern, an Barmherzigkeit, Mitgefühl und Gerechtigkeit?

Wie passt das zu Strafanzeigen, die ein 1000-jähriges Zufluchtsrecht von Kirchen für illegal erklären und Rettung kriminalisieren? Wie passt das zu Massenlagern? Wir wollen nicht, dass Schutzsuchende in stacheldrahtbewehrten Massenlagern eingesperrt und dadurch entwürdigt werden!

Wir wollen nicht, dass unbescholtene Schüler aus ihrer Klasse heraus verhaftet werden, um in ein Land im Krieg abgeschoben zu werden. Afghanistan ist nicht sicher – das weiß auch unsere Regierung! Und wir rufen den Schülern aus Nürnberg zu: Respekt, dass Ihr nicht stumm zugeschaut habt, sondern mit Eurer friedlichen Sitzblockade Mitgefühl demonstriert habt!

Wir wollen nicht, dass Geflüchtete in jahrelanger Angst vor Abschiebung seelisch krank gemacht werden, statt ihnen eine neue Perspektive und Hoffnung zu geben. Wir fordern: Lasst sie endlich in Arbeit und Ausbildung! Nicht nur diejenigen, die jetzt schon in Arbeit sind, verdienen eine Perspektive, sondern auch die, die in den letzten Jahren keine Arbeits- und Ausbildungserlaubnis bekommen haben! Eine bessere Investition in die Zukunft dieser Menschen, in unsere Wirtschaft und in eine echte Völkerverständigung kann es nicht geben!

Wir wollen, dass die Fluchtursachen glaubwürdig bekämpft werden, nicht die Geflüchteten!

Wir wollen mutige Politikerinnen und Politiker, die an unsere Werte wirklich glauben und für sie einstehen:
Wenn Herr Seehofer als Bundesinnenminister sich über Abschiebungen freut oder hochrangige CSU-Politiker Flüchtlingshelfer und Anwälte als „Anti-Abschiebe-Industrie“ verunglimpfen und Herr Söder zynisch von „Asyltourismus“ spricht, dann sind sie es, die unser Wertefundament abschaffen.

Wir haben keine Angst vor Menschen, die vor Krieg, Terror und Elend um ihr Leben gelaufen sind. Wir haben Angst um unseren Rechtsstaat, wenn unsere eigenen Regierungsvertreter unsere Grundwerte nicht mehr vertreten und an den Grundrechten rütteln.

Wer aus der Rechtsprechung Mitgefühl und Barmherzigkeit verbannt, der macht Gesetze zu einem Instrument kalter Machtpolitik. Es gibt keine Gerechtigkeit ohne Mitgefühl und Barmherzigkeit!

Nie wieder dürfen in Deutschland Gesetze so verfasst oder interpretiert werden, dass Menschenrechtsverletzungen „legal“ verübt werden können.

Wir appellieren an das Pflichtgefühl aller demokratischen Politiker: zeigen Sie Haltung! Schützen Sie unser Wertefundament, helfen Sie denen, die helfen und zeigen Sie, dass Menschlichkeit nicht verhandelbar ist. Entwickeln Sie glaubwürdige zuversichtliche Konzepte, die unser Vertrauen gewinnen.

Jeder Zweite hat in Deutschland in irgendeiner Form schon Geflüchteten geholfen. Wir sind alle noch da und wir wollen eine menschliche, verantwortungsvolle und vernünftige Flüchtlingspolitik!