Ein Brief aus Moria

Anis (17) aus Afghanistan hat einen Brief an das #RefugeeBook von Space-Eye geschrieben. Sie hat gebeten, ihn zu veröffentlichen. Wir helfen sehr gerne dabei, ihre Botschaft zu verbreiten.

Mein Name ist Anis, ich bin aus Afghanistan. Ein sehr schönes Land mit netten Leuten, die schon seit Jahren versuchen, ein gutes Leben und eine sichere Umgebung für ihre Kinder zu schaffen. Aber leider hat der Krieg dies verhindert.

Ich wollte mein Land nicht verlassen, denn Afghanistan ist mein Land, meine Heimat, meine Hoffnung. Aber leider ist das Leben in Afghanistan wirklich schwierig, weil es einen Krieg gibt, und viele schlechte Menschen, die alle töten. Sie töten Männer, schwangere Frauen, Kinder, unschuldige Menschen und sogar neugeborene Babys.

Ich denke, dass kein Herz in ihrem Körper schlägt.

Und wegen dieser Leute war ich gezwungen, mein Land zu verlassen, war ich gezwungen, meine Ausbildung zu beenden.

Ich musste meinen Traum begraben, zu lernen, in die Schule zu gehen und ein normales Leben wie jeder andere zu führen. Ich wollte später an die Universität gehen, einen Job beginnen.

Aber ich wollte nicht heiraten, weil ich ja erst zwölf Jahre alt war. Ich wollte meine Familie nicht verlieren und meine Mutter nicht weinen sehen.

Meine Reise

Zwei Jahre ist es her, dass ich in Griechenland bin. Ich verließ mein Land unfreiwillig, weil der Krieg wie ein Waldbrand über seine Bewohner gekommen ist, weil es keine Gerechtigkeit gibt und der Krieg zur Gewohnheit geworden ist. Ich begann eine Reise, ich überquerte Grenzen, Flüsse, Meere, Wälder – nur um Frieden, Sicherheit, Freiheit und Würde zu erreichen. Aber die Reise führte mich leider nicht zu dem, was ich suchte, sondern es wurde eine Reise der Unmenschlichkeit, eine Reise voller Rassismus, eine Reise voller Not, Kampf, Geduld und Diskriminierung.

Das Schlimmste von allem ist, ein Flüchtling in Griechenland zu sein, der eigentlich nur auf der Suche nach Freiheit, Sicherheit, Würde und einem besseren Leben ist. Das wird aber als ein Verbrechen gesehen.

Ich kam nach Griechenland, und ich dachte, ich wäre hier sicher, denn es gibt hier keinen Krieg. Doch nach und nach musste ich erkennen, dass ich als Flüchtling in Griechenland Dinge erlebe, die vielleicht nicht so schlimm sind wie der Krieg, doch mein Herz brechen.

Ich lebe hier mit meiner Familie in einem kleinen Container, wir sind sieben Personen. Das Leben ist extrem schwierig, aber der schwierigste Teil ist, dass zwei meiner Brüder krank sind und sich niemand um sie kümmert. Wir haben wie verrückt um Hilfe gefleht, doch es wird uns nicht geholfen. Die Ärzte sagten uns, dass wir auf das Festland gehen müssten, um ein Krankenhaus zu finden, damit die Kinder eine bessere Behandlung bekommen. Aber zweimal wurde unser Asylantrag abgelehnt, so dass wir nicht auf das Festland gehen können. Sie sagen, dass Leute, die abgelehnt wurden, in ihre Länder zurückgehen sollten. Doch eine Reise zurück bedeutet das Ende unseres Lebens.

Diese Leute wissen nicht, wie wir hierher gekommen sind, wie wir den Dschungel, die Berge und das dunkle Meer in der Nacht überquerten – nur um Frieden zu finden. Jeder verdient doch eine zweite Chance!

Meine Mutter hat jede Nacht Kopfschmerzen, weil sie um meine Brüder weint, sie ist ernsthaft um sie besorgt.

Vielleicht verstehen Sie jetzt nicht, wie schwer es ist, seine Mutter weinen zu sehen. Aber ich sage Ihnen: Das ist das traurigste und härteste Gefühl der Welt.

Aber selbst mit all diesen Problemen versuche ich immer noch positiv zu sein und so gut zu sein, wie ich kann.

Ich versuche, meine Zeit in einer guten Art und Weise zu verbringen. Also, ich werde zur Schule gehen, mein Lieblingsfach ist Mathematik, weil man bei Mathe lernt, dass es für alle Probleme eine Lösung gibt. Ich bin sicher, dass eines Tages alles in Ordnung sein wird.

Ich spiele auch Fußball und ich bin ein Trainer im FutbolNet-Programm von Barcelona. Ich male gerne, denn ich kann Gesichter sehr gut zeichnen.

Ich habe viele Freunde aus verschiedenen Nationalitäten, sie sind aus Griechenland, Amerika, England, Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Italien. Sie alle sind hier auf der Insel, wirklich gute Menschen und sie helfen uns Flüchtlingen in den Lagern.

In der Zukunft möchte ich ein guter Mensch werden, der Kinder zum Lächeln bringt, und anderen Menschen hilft. Für mich spielt es dabei keine Rolle, ob ich Ärztin oder Lehrerin oder was auch immer werde.

Ich wünsche mir, dass eines Tages Ruhe in der ganzen Welt herrscht, dann wird es keine Flüchtlinge mehr geben, Mütter werden ihre Kinder nicht verlieren, und die Kinder werden bei ihren Familien sein dürfen.

Allen, die diesen Brief lesen, möchte ich sagen, helfen Sie uns bitte, vielleicht sind Sie nicht Flüchtlinge wie wir, aber natürlich sind wir alle Menschen und Sie können uns verstehen, auch wenn Sie nicht das alles so wie ich durchgemacht haben.

Bitte helfen Sie den Flüchtlingen, vor allem denjenigen, die wie wir in Lesbos leben, wie auch den Menschen in allen anderen Lagern in Griechenland.

Wir sind in einer sehr schlechten Situation in diesen Tagen. Die Faschisten kommen oft ins Lager und schlagen Flüchtlinge, zünden Flüchtlings-Zelte an. Sie wollen dass wir verschwinden, aber wohin können wir gehen, wenn es keinen Weg von der Insel weg gibt und die Grenzen geschlossen sind?

Wir haben uns diesen schrecklichen Zustand nicht ausgesucht, wir hatten einfach nicht die Wahl.

BITTE HELFEN SIE UNS, WEIL WIR NICHT NUR FLÜCHTLINGE sind, wir sind auch Menschen…

Anis, 17 Jahre alt, aus Afghanistan. Lebt in Griechenland, Lesbos.

Foto: Alea Horst


Die Übersetzung stammt von Hans-Peter Buschheuer.

Hier ist Anis’ Brief an Space-Eye im englischen Original:


My dear friends…

Hi!

How are you???

I wish you all the best, you are doing a great job in these difficult days with the COVID 19.

I want to write a letter for you and for all the people who is always in a position of helping others around the world, and to tell you a bit about my life, how the life is for a refugee girl and how we are feeling, maybe it makes me little comfortable, Actually, it’s not so easy to write it but at least I want to let you feel a little bit like me, who experiences these feelings and maybe one day you might help me.

My name is Anis and I’m from Afghanistan, a very nice country with nice people, it’s been years and years that they are trying to make a good life and a safe environment for their children but unfortunately war didn’t let them to do it.

I didn’t want to leave my country, never if my life was good there, because Afghanistan is my country, my home, my hope and a place where I didn’t feel poor, but unfortunately living in Afghanistan was really difficult, because there is a war and there are many bad people who are killing everyone, they are killing men, pregnant women, children, innocent people and even new born babies. I think that they don’t have any heart inside their bodies.

And because of this people I was forced to leave my country, I was forced to quit my education, give up on my dreams, take a journey that I never wanted to take, I wanted to learn, to go to school and to have a normal life like everyone else, I wanted to finish my university and to have a job and I didn’t want to marry when I was just 12 years old. I wanted my family to be healthy and not to lose them and finally I didn’t want my mother to cry because I can’t afford to see her crying, to see tears coming from her eyes, that kills my heart I really love my mom.

My journey

Now it’s two years that I’m in GREECE, I left my country unwillingly when it becomes like a jungle fire that drove its inhabitant, when there is no justice, war and killing become a habit for the bad people, nowhere to find peace after when the weapons were lunched to destroy the peace, and I have to run for safety, I began a journey, where I crossed Borders, rivers, Seas, Jungles, only to reach Peace, safety, freedom, and dignity. But the journey unfortunately didn’t lead me to what was looking for, instead it becomes a journey of inhuman, a journey of racism, a journey of hardship, Struggle, patience, and discrimination.

The worst of all is being a refugee in Greece seeking for freedom, safety, dignity, and looking for a better life becomes a crime against you. I Came to Greece and I thought I was safe here, because there is no war here, but after when I realized that I’m a refugee in GREECE, I saw many problems, maybe they are not so bad like a war but with the feelings that I’m going through, kills and break my heart.

I’m living in a small container with my family and we are seven people. Life like this is extremely difficult but the most difficult part is that two of my brothers are sick and there is no one to help us, we have been running for help like crazy but we don’t get helped, The doctors said to us that we need to go to the mainland to find a hospital for the children to get a better treatment but because we have been rejected twice in our asylum we couldn’t go to the mainland.

They said that the people who have rejections should go back to their countries, but why should we??? After knowing that heading back to the country is going towards the end of our lives. They don’t know how we came here, how we passed the jungles, the mountains and the black sea at nights in other to only achieve a good life to find peace, “” EVERYBODY DESERVES A SECOND CHANCE, AND AT LEAST WE HAVE SOMETHING TO LIVE FOR.””

My mom has a headache every night, because she always cries for my brothers, and she is really worried about them.

Maybe you might not understand now how difficult it is it to see your mom crying, but I say to you that it’s the saddest and hardest feeling in the world.

But even with all these problems, I’m still trying to be positive and to be as good as I can, I’m trying to spend my time in a good way,

So, I’m going to school and my favorite lesson in school is mathematics because math’s always tell us that with all the problems there is a solution for it, I really believe it and I’m sure that one day everything will be okay.

I’m also playing football and I’m a coach in FutbolNet program from Barcelona, sometimes in my free times I do some drawing also and I can draw faces very well.

I have many friends from different nationalities, they are from GREECE, America, England, Germany, France, Netherlands and Italy that I have met all of them here in Greece island of Lesvos, they are really good people and they are helping refugees in the camps.

In the future I want to become a good person who can make smiles for the children, and helping people, it doesn’t matter if I become a doctor, or a teacher or whatever, but making smiles for the children is the most important thing, because they are the future generation.

I wish one day peace pervades the whole world, then there won’t be more refugees, the mothers won’t lose their children and the children will be with their families, they wont be parentless anymore.

At the end, I want to say for whoever that read this letter that help us please, maybe you are not a refugee like us but of course we are all humans and you can understand us, even though you are not going through what we’ve gone to, but at least you can understand the feelings.

Please help the refugees especially those that are living in Lesvos like us, and in general all the camps in Greece.

We are in a very bad situation these days, we truly cannot express our feeling no matter how much we describe it to you, we can only say a few out 100.

The fascists comes to the camp many times and hit refugees and they set refugee’s tents on fire. They want refugees to leave here, but where can we go while there is no way and the borders are closed.

We don’t choose to be living in this horrible condition, we just don’t have a choice.

PLEASE HELP US BECAUSE WE ARE NOT JUST REFUGEES, WE ARE ALSO HUMANS…

By Anis , 17 years old from Afghanistan

Living in GREECE , Lesvos

Thank you!!!